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Walter Capellmann

Der deutsche Markt für Risikolebensversicherung ist unterentwickelt

Warum versucht es ein holländisches Unternehmen auf dem dicht besetzten deutschen Markt für Risikolebensversicherungen? „Weil dieser Markt unterentwickelt ist“, sagt Walter Capellmann, Deutschland-Chef von DELA, im Gespräch mit der Zeitschrift für Versicherungswesen.

Aus "Zeitschrift für Versicherungswesen",  Ausgabe 09/2018

Warum versucht es ein holländisches Unternehmen auf dem dicht besetzten deutschen Markt für Risikolebensversicherungen? „Weil dieser Markt unterentwickelt ist“, sagt Walter Capellmann, Deutschland-Chef von DELA, im Gespräch mit der Zeitschrift für Versicherungswesen.

„Laut Statistik gab es 2016 hierzulande rd. 7,7 Mio. Risiko-Policen. Bei Einkommensausfall des Hauptverdieners entsteht eine durchschnittliche Versorgungslücke in Höhe von rd. 110.000 Euro. Das zeigt, wie groß das Potenzial in Deutschland ist.” Der boomende Baumarkt schaffe zusätzliche Nachfrage nach Risikoleben. Und viele Makler hätten ein Haftungsproblem, wenn sie diese existentielle Deckung nicht aktiver anböten. Viele machten Risiko nur „nebenbei“ und nutzten das große Neugeschäftspotenzial überhaupt nicht. 
 

Die DELA will in diese Lücke stoßen und Maklern und Pools kostengünstige digitale Optionen für den Vertrieb von Risikopolicen bieten. Dabei sieht sie ihr Alleinstellungsmerkmal in der garantierten Beitragshöhe über die gesamte Laufzeit – also keine kalkulatorischen Brutto/Netto-Überraschungen für Vermittler und Kunden und damit auch kein Haftungsrisiko. Zusätzlich gibt es noch Beratungsleistungen für Hinterbliebene und die Möglichkeiten zur Teilauszahlung von 15% der Versicherungssumme bei terminalen Krankheiten. 
 

Das Produkt sei solide auf Basis von Swiss-Re-Daten für den deutschen Markt gerechnet, betonte Capellmann. Und trotzdem preislich absolut konkurrenzfähig: Bei den Bedingungen und Leistungen liege man gleichauf mit den Premium-Tarifen der Europa und der Hannoverschen Leben, bei der Beitragshöhe immer unter den Top 3 des Marktes. 


Der Newcomer kann so günstig sein, weil er die Ressourcen der niederländischen Mutter nutzt, etwa in der Kalkulation und in der Schadenbearbeitung. In Deutschland fungiert man als Niederlassung. Die 1937 gegründete DELA Coöperatie ist im Nachbarland und in Belgien als genossenschaftlicher Versicherer einer der Marktführer in der Risikoleben und in der Sterbegeldversicherung. Assekurata bewertet das Unternehmen mit A-Rating. „Für den Eintritt in den deutschen Markt ist ein gutes Rating wichtig.“ Der Genossenschaftsgedanke werde in den Niederlanden wesentlich intensiver gelebt als in Deutschland, sagte Capellmann. Die Kunden/Mitglieder seien viel aktiver bei der Mitgestaltung des Geschäftes als bei deutschen Vereinen und sorgten dafür, dass Bedingungen und Leistungen stärker in ihrem Sinne gestaltet würden. 


Einfache Versicherungsbedingungen und State-of-the-Art-Vertriebssystem 

Größere Kundenorientierung hat sich DELA auch in Deutschland auf die Fahnen geschrieben: Man will einfache, transparente Lösungen bieten. So gibt es im Antrag nur sechs Risikofragen, es werden keine Unterschiede nach Berufsgruppen gemacht, und die Bedingungen umfassen nur sechs Seiten. Hier hat man mit dem Berliner Rechtswissenschaftler Prof. Schwintowski zusammengearbeitet, um die Bedingungen möglichst gut verständlich zu formulieren. 


Für ihren deutschen Ableger haben die Holländer ein State-of-the-Art-Vertriebssystem gebaut, was die Anbindung an Maklerprogramme und die Systeme der Pools erleichtern soll. Auch im Online-Direktgeschäft will Dela aktiv werden; eine Kooperation mit dem Internet-Großmakler Check24 ist angedacht. Langfristig sollen das Makler- und das Direktgeschäft jeweils die Hälfte zum Wachstum beitragen. In zehn Jahren wollen die Niederländer ihr deutsches Geschäft ins Verdienen gebracht haben und im Markt etabliert sein. Damit setzen die Genossen aus den Niederlanden auf einen langen Atem, um den deutschen Risikolebensversicherungsmarkt weiterzuentwickeln.

Riester-Standard nicht nur für Versicherer 

Die neue Bundesregierung will Riester noch eine Chance geben und setzt auf ein neues Standardprodukt. Das war eine gute Nachricht für die Versicherer – und noch schöner war die Botschaft, weil nur sie im Koalitionsvertrag ausdrücklich als Gesprächspartner für eine Riester-Reform genannt wurden. Mittlerweile hat der GDV verlauten lassen, dass die Branche die Arbeiten für ein neues Riester-Standardprodukt aufgenommen habe und bis zum Sommer Ergebnisse vorlegen werde. 

Es ist aber fraglich, ob die Versicherer diesen neuen Kuchen allein bekommen – oder ob es überhaupt ein Lebensversicherungskuchen wird. Nicht nur die Opposition kritisiert die alleinige Fokussierung auf die Assekuranz bei der Riester-Reform – auch Vertreter der Regierungsparteien spreche inzwischen von einer „zu engen Formulierung“. Investmentfonds und Banken dürften künftig von den Beratungen zum neuen Riester-Standard kaum ausgeschlossen werden können, manche Politiker fordern auch die Beteiligung der Verbraucherschützer. 

Ein Selbstläufer wird Riester 2.0 für die Lebensversicherer wohl nicht werden, im Gegenteil. Die SPD-Abgeordnete Sarah Ryglewski ließ kürzlich sogar Sympathie für einen staatlich verwalteten Kapitalmarktfonds erkennen, wie in Schwarz-Grün in Hessen mit der Deutschland-Rente ins Spiel gebracht hatte. Vielen Politikern sind die Kosten bei den bisherigen Vorsorgeprodukten ein Dorn im Auge: Die Gleichung „staatliche Förderung nur bei radikaler Senkung der (Vertriebs)Kosten“ wird die Diskussion um die Riester-Reform dominieren. Die Lebensversicherer erwartet ein harter Kampf.